Wertpapiere werden ausschließlich digital gehandelt
In Frankfurt werden die meisten Wertpapiere gelagert, die sich in den zahlreichen Depots der deutschen und auch ausländischen Kunden befinden. Die Fläche hat eine Größe von rund 5000 m². Clearstream, ein deutsches Unternehmen, ist für die Verwahrung zuständig und lagert die Wertpapiere in den riesigen Tresorräumen. Alle Wertpapiere werden auf Papierbögen ausgedruckt und «abgelegt». Hat der Privatanleger 200 Daimler-Aktien erworben und möchte nun 100 Stück wieder verkaufen, kommt es zu einer Veränderung der Besitzansprüche im Clearstream-Register – die Urkunden bleiben aber im Tresor. Das ist nicht ungewöhnlich. Heutzutage werden die Wertpapiere nämlich nur noch digital gehandelt.
Wird Blockchain den Aktienmarkt revolutionieren?
Doch die Digitalisierung wird dafür sorgen, dass sich der Wertpapierhandel noch drastischer verändern wird. Insider gehen davon aus, dass die Tresore, in denen sich die Wertpapiere befinden, in den nächsten zehn Jahren keine Bedeutung mehr spielen werden. Die Rede ist von Blockchain. Dabei handelt es sich um ein digitales Register – einer sogenannten Datenblock-Kette. Der Vorteil? Anleger können – weltweit – untereinander mit ihren Wertpapieren handeln. Sie benötigen keine Verwahrstellen oder Banken mehr. Der Anleger erhält ein Computerprogramm, das auf seinem Computer oder Smartphone genutzt werden kann; er verfügt somit über einen «digitalen Tresor». Auch wenn Blockchain dahingehend entwickelt wurde, um etwaige Zahlungen mit der virtuellen Währungen (Bitcoin) zu erleichtern, scheint die Technologie nun auf den Wertpapierhandel übergelaufen zu sein. Schlussendlich konnte sich die Kryptowährung Bitcoin nicht zu 100 Prozent durchsetzen; Blockchain wird hingegen als revolutionierende Technologie bezeichnet, die durchaus dafür sorgen könnte, dass der Aktienmarkt so richtig auf den Kopf gestellt wird.
Ein Blick in die Zukunft
Doch wie könnte das zukünftige Szenario aussehen? Der Anleger erhält eine App und hat einen automatischen Zugriff auf das Register der weltweiten Transaktionen. Dabei kann er die App auf seinem Smartphone, Tablet oder Computer nutzen. Die App übernimmt dabei die Rolle des heutigen Tresors; in der App werden also die Wertpapiere verwahrt. Tritt das Szenario ein, können die Anleger Aktien tauschen, verkaufen oder kaufen – das Papier wird in weiterer Folge an den Ordner «geheftet» und als «Block» in den virtuellen Aktenschrank einsortiert. Die Banken spielen keine Rolle mehr. In weiterer Folge sparen sich die Anleger hohe Gebühren, die bislang für etwaige Transaktionen bezahlt werden mussten.
Die möglichen Vorteile im Überblick
Der Anleger würde daher alle Transaktionen verifizieren und somit die Rolle der Verrechnungsstellen der Börsen übernehmen. Es gibt keine Nutzernamen, sondern ausschließlich eine Kombination, die sich aus Buchstaben und Zahlen zusammensetzt. Zudem würden die Aktienverkäufe in Rekordzeit abgeschlossen werden – eine Transaktion dauert nur mehr wenige Minuten. Derzeit beläuft sich die Zeitspanne auf zwei Tage. Selbst dann, wenn sich die Aktie schon im digitalen Depot befindet, «gehört» sie dem Anleger noch nicht zu 100 Prozent. In den USA dauern derartige Vorgänge noch länger. Die Zeit ist also ein weiterer Punkt, der definitiv für Blockchain spricht.
Viele Experten vergleichen die aktuelle Entwicklung mit den Entwicklungen in der Film- oder Musikindustrie. Vor Jahren wurden noch Videokassetten oder DVDs geliefert, während heutzutage ein Stream im Internet abgerufen werden kann, der sodann den Film abspielt.
Kann das Potential genutzt werden?
Blockchain hat ein gewaltiges Potential, damit Ineffizienzen endgültig beseitigt werden können. Einerseits würden Verwaltungskosten reduziert werden, andererseits käme es zu einer erhöhten Transparenz von Eigentum und auch Eigentumsübertragungen. Heute arbeiten in New York bereits mehr als 50 Finanzinstitutionen, damit bald die erste Blockchain-Plattform ins Leben gerufen werden kann. Schon 2015 präsentierte NASDAQ Linq eine auf Blockchain basierte Lösung, sodass Unternehmen Wertpapiere an Investoren verkaufen konnten.
Welche Risiken und Gefahren müssen Anleger berücksichtigen?
Doch kann das Potential tatsächlich ausgeschöpft werden, sodass die Anleger am Ende definitiv profitieren? Experten sind sich sicher, dass die Risiken nicht unterschätzt werden dürfen und somit von an Anfang von beseitigt werden müssen. Einerseits benötigt man eine höhere Rechenkapazität, damit auch Transaktionen geprüft werden können; je länger am Ende die Blockchain ist, desto umfangreicher der zu prüfende Prozess. In weiterer Folge wäre eine Reduktion der Transaktionsgeschwindigkeit möglich, sodass es mitunter wieder zu einem Zeitverlust kommen würde.
Ein weiterer Punkt, der vor allem die Anleger interessieren wird, ist die Sicherheit. Blockchain-Transaktionen sind nicht zu 100 Prozent anonym – das wird zwar gerne behauptet, entspricht aber nicht der ganzen Wahrheit. Es gibt immer wieder Berichte in den unterschiedlichen Fachzeitschriften, die sich mit dem Thema Anonymität befasst haben und zum Entschluss gekommen sind, dass sogar «elektronische Überfälle», trotz der «maximal möglichen Transparenz» möglich sind.
Wird die digitale Revolution noch abgesagt?
Haben die Verantwortlichen keine Lösungen für mögliche Sicherheitslücken, kann die Euphorie, die durchaus möglich wäre, schnell ein Ende finden. Anleger, die sich bereits mit Blockchain auseinandergesetzt haben und mitunter sicher sind, dass die Vorteile überwiegen, können – etwa durch die Gefahr «elektronischer Raubüberfälle» oder einer nicht gewährleisteten Anonymität – auch wieder «verschreckt» werden. Spätestens dann, wenn die Gefahren höher als die tatsächlichen Vorteile sind, wird Blockchain scheitern und die digitale Revolution abgesagt werden.
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